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Meinung & Glosse

Warum wir AULA brauchen – Ein Kommentar

18. März 2025

Gerade in den letzten Wochen und Monaten, insbesondere seitdem die Ampelkoalition zerbrochen ist und Neuwahlen stattgefunden haben, wird immer wieder über politische Mitbestimmung und die Möglichkeiten, sich selbst zu beteiligen, diskutiert. Und auch an der Schule ist dies ein großes Thema: Wie kann ich mich als Schüler an den Entscheidungen in der Schule beteiligen, meine Ideen einbringen, meine Interessen vertreten?

Von Jan Epping

Und natürlich gibt es auf diese Frage bereits eine Reihe von Antworten: in der freiwilligen SV (Schülervertretung) treffen sich regelmäßig donnerstags Schülerinnen und Schüler der oberen Jahrgangsstufen, besprechen diverse Themen und veranstalten Aktionen, wie zum Beispiel das jährlich stattfindende „Peer Learning“.

Gleiches gilt für die Junior-SV, in der die Schüler*innen der Klassen 5-7 teilnehmen können, für Arbeitskreise und -gruppen zu verschiedenen Themen, in denen Schüler*innen ihre Ansichten einbringen können und schlussendlich natürlich den Schülerrat, in dem die Klassen- und Stufensprecher*innen über diverse Themen diskutieren und abstimmen können.

Und doch – trotz all diesen Mitbestimmungsmöglichkeiten – hat ein großer Teil der Schülerinnen und Schülern das Gefühl, an der Schule eh nichts mitentscheiden und mitgestalten zu können, das Gefühl, die eigene Meinung und eigene Ideen nicht einbringen zu können, das Gefühl, dass viele der Entscheidungen nicht den eigenen Interessen entsprechen. Ein Gefühl, das in vielen Fällen durchaus berechtigt ist. Insbesondere in den jüngeren Jahrgängen, aber durchaus auch bei den Älteren wissen die wenigsten, welche Themen in der Schule aktuell diskutiert werden, welche Vorschläge eingebracht werden und welche Entscheidungen am Ende getroffen werden. Das muss sich ändern.

Eine Möglichkeit, mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für alle in der Schule zu implementieren, ist das AULA-System. Per App kann jeder Schüler auf dieses System zugreifen und Vorschläge einbringen, die wiederum von allen Schüler*innen in der jeweiligen Gruppe (der Klasse, Stufe oder sogar der ganzen Schule) gesehen und mit Verbesserungsvorschlägen versehen werden können. Nach einer Phase der Verbesserung und Ausarbeitung werden diese Anträge dann geprüft und – wenn sie durchführbar sind – zur Abstimmung gestellt oder an die offiziell zuständigen Gremien übergeben. Erhält ein umsetzbarer Vorschlag eine Mehrheit der Stimmen, wird dieser anschließend von der Schülerschaft umgesetzt. Neben Anträgen der Schülerinnen und Schüler kann die Plattform natürlich auch von den verschiedenen Gremien dazu verwendet werden, die Meinung der Schülerinnen und Schüler zu verschiedenen Themen abzufragen, um diese bei Entscheidungen zu berücksichtigen.

Ein wesentlicher Vorteil des Systems ist die stärkere und direkte Mitbestimmungsmöglichkeit für die Schülerinnen und Schüler. Gerade diejenigen, die aktuell oft das Gefühl haben, keinen Einfluss auf Entscheidungen zu haben, können so effektiv abgeholt und in das Entscheidungssystem integriert werden. Auch die allgemeine Präsenz der diskutierten Themen kann erhöht werden, was zu einem allgemein verstärkten Interesse an den Belangen der Schule führen würde.

Und in Zeiten, in denen die Politikverdrossenheit gerade auch unter jungen Leuten immer weiter zunimmt, kann gerade auch die durch basisdemokratische Tools wie AULA gestiegene Mitbestimmung dabei helfen, den Schüler*innen zu verdeutlichen, wie viel man bewegen kann, wenn man sich für ein Projekt engagiert – Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg hin zu einem politisch interessierten, informierten Erwachsenen.

Ein möglicher Nachteil der Einführung des AULA-Systems ist die Gefahr, dass dieses bereits erfolgreich funktionierende und erprobte Gremien überflüssig machen könnte und somit statt zu einer Anreicherung zu einer Verarmung der Mitbestimmungsmöglichkeiten an der Schule führen könnte. Auf diese Gefahr muss bei der Einführung von Aula selbstverständlich geachtet werden, auch wenn die Berichte von anderen Schulen zeigen, dass die bisherigen Gremien nicht weniger werden sondern ganz im Gegenteil das AULA-System auch auf bisherige Strukturen eine positive Auswirkung haben kann, gerade auch durch neue Möglichkeiten, die Interessen der Schüler einfacher abzufragen und zu berücksichtigen.

Natürlich wären bei einer möglichen Einführung von AULA noch einige Fragen offen: Gerade im Hinblick darauf, dass eine Plattform, auf der jeder Schüler und jede Schülerin etwas schreiben kann, unbedingt moderiert werden muss, um Beleidigungen und Ähnliches zu vermeiden, stellt sich die Frage, von wem diese Aufgabe übernommen wird. Es ist hierbei natürlich wichtig, dass die zusätzlichen Aufgaben nicht einfach an Lehrkräften hängen bleiben. Stattdessen ist eine interessante Möglichkeit, viele Aufgaben in der Moderation und Organisation der Anwendung an Schülerinnen und Schüler abzugeben, zum Beispiel in Form einer AG, in der Freiwillige diese Aufgaben übernehmen können. Dies hätte zudem den Vorteil, dass es erneut den basisdemokratischen Aspekt unterstützt und AULA quasi zu einem Projekt von Schülern für Schüler machen würde.

Abschließend stellt sich - wie bei den meisten Projekten - natürlich auch bei AULA die Kostenfrage. AULA kostet einmalig 100 Euro in der Einrichtung und dazu monatlich 20€ im Betrieb. Auf längere Zeiträume bezogen kommen so natürlich größere Summen zusammen – aber nichts, was eine Schule nicht leisten könnte.

Abschließend kann man Folgendes zusammenfassen: AULA ist eine Möglichkeit mit vielen Chancen, die Mitbestimmung aller Schülerinnen und Schüler an der Schule nachhaltig zu verbessern, was eine Reihe von positiven Auswirkungen auf diese, aber auch auf das allgemeine Zusammenleben in der Schule haben kann. Wie bei jedem neuen Projekt wären allerdings auch bei AULA noch einige Punkte offen, die vor einer Einführung definitiv geklärt und organisiert werden müssten – insbesondere hinsichtlich der Moderation und Organisation innerhalb der Anwendung. Die Entscheidung, ob AULA der richtige Weg ist, die Mitbestimmung in der Schule zu verbessern, oder ob nicht andere Maßnahmen zu ähnlichen Ergebnissen führen können, muss erst noch getroffen werden.

Fest steht allerdings, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten an der Schule ausgebaut werden müssen, um möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu erreichen und an den Entscheidungen zu beteiligen.