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Musik als Erzähler: Was "Life is Strange" besonders macht — eine Videospiel-Rezension

25. Februar 2025

"Life is Strange", zu Deutsch "Das Leben ist seltsam", ist ein interaktives Adventure-Videospiel, das sich um die junge Fotografin Maxine "Max" Caulfield dreht. Max ist eine 18-jährige Schülerin, die auf den Toiletten ihrer Schule dabei zusehen muss, wie ihre Kindheitsfreundin Chloe Prize erschossen wird. Dieses Ereignis verändert ihr ganzes Leben, denn nicht nur erhält sie die Möglichkeit Chloe zu retten, sie tut es, indem sie die Zeit zurückdreht. Diese nützliche Fähigkeit begleitet sie für den Rest des Spiels, in welchem Verlauf sie sich langsam die Frage stellen muss, ob diese plötzliche Kraft Fluch oder Segen darstellt.

Von Rebecca Behrendt

All das geschieht in einem kleinen, fiktiven Küstenstädtchen namens Arcadia Bay, wo Max, gemeinsam mit der geretteten Chloe Prize, mysteriöse Ereignisse erlebt, die mit dem Verschwinden eines Mädchens und der drohenden Zerstörung ihrer Heimatstadt zu tun haben. Das Spiel dreht sich nicht nur um die Aufdeckung dieser Geheimnisse, sondern auch um Freundschaft, Verlust und, besonders wichtig, die Auswirkungen von Entscheidungen.

Was "Life is Strange" so besonders macht, ist der Fokus auf Entscheidungen, die dein Spielerlebnis beeinflussen. In der Rolle von Max werden Spieler*innen mit Situationen konfrontiert, in welchen sie Entscheidungen treffen müssen, die den Verlauf der Geschichte bestimmen. Diese Entscheidungen reichen von kleinen, alltäglichen Momenten, wie das Gießen einer Zimmerpflanze, bis hin zu großen, moralischen Dilemmata, wie, eben erwähnt, das Verhindern eines Todes, und jede Wahl bringt hauseigene Konsequenzen mit sich. Dabei ist es oft nicht sofort klar, welche Auswirkungen eine Entscheidung haben wird. Der Spieler oder die Spielerin ist sich wie im echten Leben — minus die Zeitreise — also nie ganz sicher ob sie den moralisch guten Beschluss getroffen hat.

Das zentrale Element dabei ist natürlich Max' Fähigkeit, die Zeit zurückzudrehen. Diese Möglichkeit gibt dem Spieler oder der Spielerin eine gewisse Kontrolle, um Entscheidungen zu korrigieren oder neue Wege auszuprobieren, was das Spiel dynamischer und interaktiver gestaltet.

Die Fragen, die du dir dabei konstant stellst, sind, welchen Personen habe ich gerade geholfen, welche habe ich verärgert? Wie wird sich diese Entscheidung aufs spätere Spiel auswirken? Es ist das Abwägen von Alternativen und Dialogoptionen, die das Spiel so spannend und aktiv machen.

"Life is Strange" ist in fünf Episoden unterteilt, jede mit einer eigenen Handlung, aber alle miteinander verbunden und letztlich auf ein übergreifendes Mysterium fokussiert. Der Spieler oder die Spielerin wird somit tief in die Welt und die Geschichte von Max und Chloe hineingezogen und erlebt die Folgen seiner oder ihrer Entscheidungen über einen längeren Zeitraum hinweg.

Das Spiel macht allerdings nicht nur die verschiedenen Optionen außergewöhnlich. Was mir beim Spielen vor allem aufgefallen ist, war die Musik.

Die Playlist in "Life is Strange" war ein entscheidendes Element, was für mich als Erkennungsmerkmal herausragte. Die Musik hat nicht nur das Spielerlebnis bereichert, sondern auch die emotionale Tiefe der Geschichte verstärkt — als Spielerin verlor ich mich, dank der Musik, nur noch mehr in der Story, den Szenen und den Charakteren.

Atmosphäre — das ist mir besonders wichtig in Videospielen. Und "Life is Strange" konnte mich in diesem Fall gut bedienen.

Bei der Musik handelte es sich nicht nur um kurze Klänge oder sorgfältig ausgesuchte Melodien, es waren tatsächliche Lieder enthalten, die mein Spielerlebnis zu etwas emotional Tieferen machten.

Die Songs, hauptsächlich bestehend aus Genres wie Indie, Indie-Rock, Alternative, waren perfekt auf die Atmosphäre des Spiels abgestimmt. Jeder Song schien eine tiefere Bedeutung zu tragen und unterstützte die Entwicklung der Charaktere und der Geschichte.

Die Musik wird dabei nicht nur im Hintergrund genutzt, sondern als aktiver Bestandteil der Erzählung. Beispielsweise finden sich viele Szenen, in denen das Hören bestimmter Lieder mit wichtigen Momenten der Selbstfindung und des Wachstums der Protagonistin Max verbunden ist. Besonders die Verwendung von Bands wie "Syd Matters" und "Foals" verstärkt die intime, teils introspektive Stimmung, die das Spiel charakterisiert.

Die Lieder sind oft ruhig und introspektiv, mit einem klaren Fokus auf Melodie und Atmosphäre. Sie sind nicht nur musikalische Begleiter, sondern auch emotionale Verstärker, die die Stimmung der Szenen entscheidend prägen.

Einer meiner Lieblingslieder, die benutzt wurden, ist der Song "Spanish Sahara" von Foals, der mit seiner langsamen, düsteren Einleitung und dem dramatischen Aufbau die Atmosphäre von Spannung und Dramatik perfekt einfängt. Der Song hat eine gewisse Schwere, die die zunehmenden Bedrohungen und Konflikte im Spiel widerspiegelt. Diese Musik begleitet nicht nur die Handlung, sondern hebt auch das innere Drama der Protagonisten auf eine neue, greifbare Ebene.

Die meisten Tracks haben eine langsame, fast meditierende Qualität, die perfekt zu den nachdenklichen und emotional aufgeladenen Momenten des Spiels passt. Instrumente wie Akustikgitarren, leise Schlagzeuge und Klaviermelodien dominieren viele der Stücke. Dies verleiht dem Spiel eine fast verträumte Qualität, die ideal zum Thema der Zeitreise und Selbstfindung passt.

Mein Lieblingsmoment, in welchem Musik zu so einem wichtigen Teil der Story wird, ist zum Ende der ersten Episode hin, als Chloe Max die Kamera ihres verstorbenen Vaters überreicht, die Musik aufdreht und zu tanzen beginnt. Diese Szene zeigt, wie Musik und Bewegung als Bewältigungsmechanismus dienen können und gleichzeitig die tiefe, beinahe intime Verbindung zwischen den beiden Kindheitsfreundinnen verdeutlicht. Es ist ein Moment, der sowohl ihre Vergangenheit als auch die zerbrechliche Gegenwart einfängt, und er hat eine enorme emotionale Bedeutung für die gesamte Geschichte.

Das Lied, das dabei läuft ist "Obstacles" von Syd Matters. Dieser Song trägt stark zur emotionalen Wirkung der Szene bei, in der Chloe wild und Max zaghaft tanzt. Die melancholische und gleichzeitig befreiende Atmosphäre des Liedes passt perfekt zu diesem Moment der Verbundenheit.

Darüber hinaus gibt es in "Life is Strange" eine subtile, aber deutliche Verbindung zwischen der Musik und den Entscheidungen, die der Spieler oder die Spielerin trifft. Die Songs sind oft der Schlüssel zu den emotionalen Wendepunkten und helfen, die Last der Entscheidungen deutlicher zu machen.

Ein besonders auffälliges Beispiel ist dafür die Melodieauswahl während der Schlüsselmomente der Zeitreise, bei denen die Musik sowohl das Gefühl von Verlust als auch von Hoffnung vermittelt — und dabei ihren Wiedererkennungswert beibehält.

Die Playlist von "Life is Strange" stellt eine wunderbare Verbindung zwischen Geschichte, Charakterentwicklung und Entscheidungen in der Videospielwelt dar. Sie ist nicht nur Begleitung, sondern ein aktiver Partner der Erzählung. In Kombination mit der intensiven Story und den tiefgründigen Charakteren trägt sie massenhaft dazu bei, dass das Spiel nicht nur als interaktive Erfahrung, sondern als eines meiner absoluten Lieblingsspiele in Erinnerung bleibt.

Das Spiel zeigt, wie Musik und Geschichte miteinander verflochten sind, und das ist es, was ein Videospiel einzigartig machen kann.