Gesellschaft & Wissenschaft
Digitale Demokratie – Neue Perspektiven für die Schule
27. März 2025
Die Digital-Politikerin und Publizistin Marina Weisband schreibt: „Demokratie muss man nicht nur wollen, man muss sie auch können.” In ihrem Buch „Die neue Schule der Demokratie“ geht sie der Frage nach, wie demokratische Prinzipien nicht nur theoretisch gelehrt, sondern aktiv im schulischen Alltag umgesetzt werden können.
An einem Ort wie der Institution Schule, in welchem Schüler und Schülerinnen laut Weisband kaum Kontrolle über Mitgestaltung und Entwicklung ihrer Umgebung haben, sei ein Raum nötig, der Schüler*innen zu Handelnden macht. Bislang seien Schüler*innen lediglich „Besucher”: „Herzlich willkommen, das Programm geht gleich los. Beschlossen haben es andere. Ihr seid hier, um es zu konsumieren”, so ihr Ausspruch.
Wie kann man so etwas ändern? Marina Weisband stellt AULA vor: AULA (Ausdiskutieren und Live Abstimmen) ist ein digitales Beteiligungs- und Kommunikationstool für Schulen, das eine Plattform für Schülerinnen und Schüler bietet, um Ideen zu entwickeln, zu diskutieren und umzusetzen. Schüler erhalten ein Benutzerkonto, mit dem sie jederzeit und von überall aus Ideen einbringen können. Diese Ideen werden im sogenannten Themenraum bearbeitet und diskutiert. Danach prüft die Schulleitung, ob die Idee umsetzbar ist. Wenn das der Fall ist, wird sie zur Abstimmung gestellt. Nach der Zustimmung erfolgt die Umsetzung der Idee durch die Schüler in Eigenverantwortung.
Es ist eine App, die es Schüler*innen ermöglicht, an schulischen Entscheidungen teilzunehmen und durch selbstständiges Handeln ein echtes Verständnis für demokratische Prozesse zu entwickeln. Weisband plädiert mit dieser App für die aktive Teilnahme an schulischen Entscheidungen, für das Erlernen von Verantwortung und für das Verändern der Welt. AULA ist die „Basis jedes demokratischen Handels”. AULA ist Teilhabe.
Ein Mittel, um die Schülerschaft in der Mitgestaltung ihrer Schule einzubinden. Weisband hebt hervor, dass AULA keine „Gamification-Elemente“ oder oberflächliche Belohnungssysteme enthalte. Sie erklärt: „Ich möchte, dass die Lust an der Demokratie aus der Selbstwirksamkeit entsteht. Nicht aufgrund einer externen Belohnung.“ Durch die direkte Teilnahme an schulischen Entscheidungen erfahren die Schüler, wie sie mit digitalen Werkzeugen Verantwortung übernehmen können.
Natürlich versteht sie das fast schon automatischen Misstrauen jeglicher Digitalisierung gegenüber, aber, so ihre Gegenfrage, wollen wir nicht, dass Jugendliche begreifen, dass das Smartphone als „eine der mächtigsten, wenn nicht die mächtigste Erfindung der Menschheit” betrachtet werden sollte, und sie es als „Werkzeug für ihre eigenen Ziele erkennen, sich also gar nicht als Konsument begreifen, sondern als Gestalter ihrer Welt?” Weisband möchte aus Konsumenten, aus „Besuchern”, Handelnde machen und AULA ist aus ihrer Sicht perfekt dafür.
Schüler*innen müssten so keine passiven Konsumenten von schulischen Entscheidungen bleiben. Weisband beschreibt, wie sie stattdessen durch die Plattform lernen, dass es nicht genügt, sich zurückzuziehen und zu sagen: „Ist halt so, kann man nichts machen.“ Die Plattform fordert die Schülerschaft heraus, aktiv zu werden und sich mit den Auswirkungen ihrer Entscheidungen auseinanderzusetzen. Sie stellt klar: „Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen, und zwar nicht nur gedanklich, sondern auch ganz praktisch.“
Schüler müssten lernen, sich selbst zu positionieren, ihre eigenen Wünsche und Meinungen zu erkennen und in einem demokratischen Kontext zu vertreten.
Ein innovativer Ansatz, der Schülern*innen lehrt, mit der Komplexität von Entscheidungen zu arbeiten. Weisband stellt fest, dass dieses Verfahren die Kinder und Jugendlichen dazu anrege, nicht nur eine einzelne Perspektive einzunehmen, sondern verschiedene Faktoren zu bedenken und abzuwägen. „Es ist also das genaue Gegenprogramm zu der politischen Vereinfachung, die uns manche Populisten schmackhaft machen wollen, die aber der Realität in keiner Weise gerecht wird.“ Eine Demokratie funktioniert also nicht ohne ein gewisses Maß an Komplexität.
Marina Weisband bietet mit AULA ein durchdachtes Konzept, das der Schülerschaft nicht nur digitales Wissen, sondern vor allem demokratische Werte näherbringt. Die Plattform fördert Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung – essentielle Kompetenzen für die aktive Teilnahme an der Gesellschaft. In einer Zeit, in der Demokratie immer wieder in Frage gestellt wird, liefert AULA einen praktischen Ansatz, um die nächste Generation auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Deshalb, so Weisband, ist „echte politische Beteiligung für mich keine Utopie”, es ist ein konkretes Ziel, das durch Plattformen wie AULA greifbar wird.
Marina Weisbands Buch hat mich durch die Klarheit, mit der sie ihre Idee präsentiert, überzeugt. Natürlich ist AULA komplex und so sind es auch die Erläuterungen zu der Nutzung der App. Aber die Art, mit der sie die verschiedenen Themen auf den Punkt bringen kann, hat mich positiv überrascht. Ihre demokratischen Ziele und die Umsetzungen haben in ihrem Buch wie etwas tatsächlich Machbares gewirkt. Hier ist eine Frau, die weiß, was sie tun kann, die weiß, wie sie es umsetzen will und sie... macht es einfach. AULA ist eine Idee, die verwirklicht wurde. Und die die Demokratie an Schulen um einiges verbessern könnte.